Ich wähle einen anderen Weg

 

Vor einiger Zeit zeigte mein Körper Symptome: Schmerzen, Druck unter dem Schulterblatt, später ein Ziehen bis in die rechte Brust, rote Stellen auf der Haut, ein Stechen im Kopf. Alles auf einer Seite. Und ich spürte: Das sind keine voneinander getrennten Phänomene. Das gehört zusammen.

Ich ging nicht zum Arzt. Seit vielen Jahren gehe ich einen anderen Weg: Ich höre auf meinen Körper. Ich halte Raum, statt einzugreifen. Ich passe meine Ernährung an, wenn ich spüre, dass es hilfreich ist. Ich bewege mich mehr, atme, und beobachte. Ich glaube nicht, dass mein Körper gegen mich arbeitet. Ich glaube, er spricht.

 

Wie schon früher bei anderen Symptomen habe ich mich auch diesmal gefragt:
Was, wenn ich mich täusche?
Was, wenn ich mir etwas vormache – etwas glaube, das in Wahrheit nicht so ist?
Was, wenn meine Entscheidung, das medizinische System nicht zu nutzen, an einem Punkt blind macht?

Ich habe versucht, ehrlich zu antworten. Ohne Ausrede. Und ich habe gemerkt: Ich stehe hinter dieser Entscheidung.
Denn ich sehe meinen Körper nicht als Maschine, die repariert werden muss.
Er ist Teil von mir. Teil eines größeren Zusammenhangs.
Wenn Symptome auftauchen, frage ich nicht: Wie bekomme ich das weg?
sondern: Was bewegt sich? Was will gesehen werden?

Und natürlich genügt es nicht, zu wissen, was geändert werden will. Es braucht dann auch den Mut zur konkreten Handlung. 

 

 Ich glaube nicht an eine Trennung zwischen Körper und innerem Prozess. Symptome sind Reaktionen. Der Körper zeigt auf etwas, das nicht in Balance ist – körperlich, seelisch, energetisch. Etwas, das ich bisher übersehen habe.
Manchmal ist es Überforderung, Erschöpfung oder Spannung, die nirgends hin kann.
Manchmal aber auch Selbstregulation. Ein Heilungsprozess, der ebenfalls Symptome mit sich bringt – wie Fieber zum Beispiel.

 

Für mich stellt sich die Frage nach Zusammenhängen.

Wo stehe ich gerade im Leben? Was hat sich verändert? Was drückt? Was will in eine neue Ordnung finden?

Wo sollte ich genauer hinschauen?

Es gibt keine medizinische Studie, die bestätigt, dass diese Art zu schauen heilt.
Aber meine Erfahrung bestätigt es. Ich habe erlebt, dass auf diese Weise reale Veränderungen möglich sind.

Beschwerden haben sich gelöst und Symptome - auch gravierende - sind verschwunden. Nicht durch Kampf dagegen, sondern durch Hinsehen, Raum geben, Mitgehen. 

Und es bringt mich in Kontakt.
Dieser Kontakt ist für mich die Voraussetzung für alles Weitere.

 

Mir ist bewusst, dass dieser Weg mit Unsicherheit verbunden ist.
Es gibt keine Kontrolle. Keine Garantie und niemanden, auf den ich mich stützen könnte.
Aber die Alternative – mich selbst abzugeben, Entscheidungen auszulagern – fühlt sich für mich falsch an.
Und: Ist der „übliche Weg“ wirklich sicherer?
Er verspricht es oft – aber was ich sehe, bei mir und bei anderen, zeigt ein anderes Bild.

 

Ich würde niemandem meinen Weg empfehlen.

Aber ich wünsche mir, dass wir solche Wege überhaupt für möglich halten.

Oft reicht das schon, damit unser Körper aufatmen kann.
Denn der Körper weiß, wie er sich heilt. Wenn wir ihm nicht im Weg stehen, tut er es auch.

„Heil-Sein“ bedeutet für mich nicht zwangsläufig Symptom- und Schmerzfreiheit.
Das aber ist ein Thema für sich, das einen eigenen Text verdient.

 

Selbstverantwortung kann leicht in Druck kippen.
Ich beobachte, wie aus dem Wunsch, präsent zu sein, schnell ein innerer Zwang entsteht: Ich muss es richtig machen. Ich darf keine Schwäche zeigen. Ich muss herausfinden, was es bedeutet.
Das aber ist kein Vertrauen mehr. Es ist Kontrolle – nur anders verpackt.

Ich habe gelernt, auch das zu erkennen. Und es wieder loszulassen. Nicht immer, aber immer öfter gelingt es mir.

 

Manchmal weiß ich nicht, was mein Körper mir sagen will.

Dann lasse ich die Fragen und bin  einfach da, bleibe präsent, gebe meinem Körper Raum und mir selbst Zeit.

 

Was mir fehlt, ist kein medizinisches Wissen, sondern ein echtes Gegenüber. Ein Mensch, der zuhört, ohne zu korrigieren; der mitdenkt, mitfragt - ohne meine Haltung infrage zu stellen, nur weil sie anders ist.

Ich habe es versucht: in Gruppen, in verschiedenen Kreisen. Aber immer wieder kippte es in Strukturen, in Gefolgschaft, in Systeme, in die ich mich hätte eingliedern sollen. Dann aber heißt Zugehörigkeit: Anpassen. Und das passt für mich nicht.
Ich muss mich nicht zugehörig fühlen – wenn der Preis ist, dass ich meinen Weg verleugnen oder verschweigen soll.

 

Da ich bisher niemandem begegnet bin, der meinen Weg mittragen kann, gehe ich ihn allein. Ich brauche keine Zustimmung, aber ich brauche Freiheit. Und Respekt. Das ist nicht immer leicht. Aber es ist das Einzige, das sich für mich stimmig anfühlt.

Ich suche keine Theorie, keine Konzepte, keine Heilsversprechen. Ich will nur das ernst nehmen, was in mir spürbar ist und nichts wegschieben, nur weil es unbequem ist.

 

Wohin dieser Weg führt, weiß ich oft nicht. Aber ich will in Kontakt bleiben mit dem, was ist.
Und meinem Körper erlauben, sich zu verändern – ohne Eingriff, ohne Eile, ohne Angst.