Kapitel 6  

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Lieber Michael,

 

Du schriebst:

 

Es ist gleichgültig, ob wir das Leben als Last, Freude, Geschenk oder Aufgabe empfinden; wir tragen die Verantwortung dafür. Und wir müssen mit der Frage rechnen: Was hast du daraus gemacht?

 

Dies will und muss ich mir gerade dann vor Augen halten, wenn wieder einmal nur Gefühle regieren und der Verstand außen vor ist.

Ich muss lernen, mich nicht von Gefühlen und Emotionen (egal ob es die von anderen oder meine eigenen sind) so vollkommen überrennen zu lassen. Ich kann´s noch nicht.


Bei Emotionen, die von außen kommen, versuche ich die Jalousie einzusetzen.

Wenn meine eigenen Emotionen wieder wie ein Sturm daherkommen, helfen mir die vielen Gedanken von Dir ein wenig weiter; sofern sie mir einfallen.

An den Zielen und Aufgaben, die Du mir gabst, hangle ich mich im Moment entlang.
Zusammen ist das zurzeit ein "Anker" für mich - so wichtig bei Sturm!

Danke emoticones

Ich werde heute Nachmittag in unser Museum gehen, um nachzuschauen, ob es dort Info-Material über unsere Stadt gibt. So könnte ich mir eine kleine Liste machen, was unbedingt in ein Heimat-Bilder-Buch gehört und hätte auch gleich ein paar Daten für Bildunterschriften. Fotografieren ist im Moment nicht drin; dazu ist das Wetter zu schlecht.

Einen ganz lieben Gruß  emoticones
Lotte

Ich muss lernen mich von Gefühlen und Emotionen (egal ob es die von anderen oder meine eigenen sind) nicht so vollkommen überrennen zu lassen.

 

Das, liebe Lotte, verstehe ich nicht so ganz. Ich bin ja auch mit Emotionen und Gefühlen reich bis überreich ausgestattet. Das Hirn kommt bei mir immer als zweite Instanz; als nüchterne Kontrolle.
Was heißt das in der Praxis, wenn Dich Gefühle "überrennen"?

Museum, das klingt gut! smile
Damit Du wirklich alles registrierst, was Deine Stadt an Besonderheiten hat - ohne auf Deinen individuellen Blick zu verzichten.

Liebe Grüße, Michael emoticones

Wie meist, wenn ich Michael etwas beschreiben wollte, das einen für mich schwierigen und heiklen Inhalt hatten, bettete ich es in ein anderes, für mich „sicheres“ Thema ein. Für mein Gefühl war es tatsächlich so etwas wie eine Sicherung. Hierbei ging es aber weniger um Michael und was er davon halten würde. Vielmehr besänftigte und überlistete ich so meine Angst, dieses für mich Schwierige überhaupt ins Gespräch – und somit ans Tageslicht - zu bringen.

Lieber Michael,

das Museum war nicht so informativ wie ich es mir erhofft hatte. Aber ein, zwei vielleicht brauchbare Bilder sind dabei doch herausgekommen. Zumindest ist es heute einen kleinen Schritt vorwärts gegangen und ich bin mit den nötigen Telefonnummern ausgerüstet.


Schön ist auch: Während ich in Sachen Heimat-Buch unterwegs war, hatte ich keine körperlichen Probleme! Ich fühlte mich richtig gut, obwohl ich kurz davor zu Mittag gegessen hatte und mit dem Fahrrad zum Museum fuhr. Das war schon sehr lange nicht mehr so – und das finde ich an der Aktion heute das Beste überhaupt. smile

Wenn mich Emotionen und Gefühle überrennen habe ich nicht viel Kontrolle und der Verstand hat Pause. Es ist mir dabei kaum möglich darüber nachzudenken - dafür ist kein Raum da. Ich habe keinen Einfluss auf diesen Ansturm.

Wenn ich sehr aufmerksam bin, kann ich spüren wie sich der "Sturm" ankündigt.
Ich fühle was da ankommt, und das ist so übermächtig, dass alles, mein Denken, davon eingefärbt und "übernommen" wird. Wie man sich halt so fühlt, wenn starke Gefühle und Emotionen einen überrollen. Wie kann ich Dir das nur besser beschreiben?!

Einen ganz lieben Gruß

Lotte emoticonesemoticones

Liebe Lotte,

das finde ich ganz toll, dass Du Dich so völlig normal empfinden durftest. Da steckt jetzt schon ein schönes Stück Entspannung dahinter. smile

 

Ich habe keinen Einfluss auf diesen Ansturm. Wenn ich sehr aufmerksam bin kann ich spüren wie sich der "Sturm" ankündigt.

 

Genau das wollte ich hinterfragen! Kannst Du ein Beispiel benennen?


Liebe Grüße, Michael emoticones

Michael pickte das Relevante aus meiner Antwort heraus, ohne groß auf das Drumherum einzugehen. Das war gut so – und auch wie er es tat. Denn einerseits drängte es mich geradezu, darüber zu reden und tiefer zu gehen; andererseits empfand ich eine Riesenangst, die mir empfahl, daran besser nicht, wirklich am allerbesten gar niemals zu rühren.

 

Heute weiß ich: Hätte ich mich von Michael „gedrängt“ gefühlt, hier genauer hinschauen zu sollen, so hätte ich mich wieder zurückgenommen und dem Thema verschlossen. Wäre er dagegen nur sehr nebenbei darauf eingegangen, oder hätte er überhaupt nicht hinterfragt, so wäre ich hier ebenfalls nicht weiter vorgedrungen.  

Ihm gelang ihm die Gratwanderung, so sacht und doch fest beim Thema zu bleiben, wie ich es damals brauchte, um ebenfalls dran bleiben zu können.

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